"Follow the Science" - eine Losung, keine Lösung!
Ein kurzer Text zum Artikel '„Follow the Science!“ ist eben doch die Lösung' von Alan Posener in der WELT, 11.03.2021
Dass die wissenschaftliche Erkenntnis aus allen Wissenschaftsbereichen bei politischen Entscheidungen in einer aufgeklärten Gesellschaft maßgebliche Berücksichtigung finden muss ist sicherlich unstrittig. Doch die Devise "Follow the Science" wird dann problematisch, wenn sie so verstanden wird, dass sich aus wissenschaftlicher Erkenntnis politische Maßnahmen notwendig ergeben. Denn das ist nicht der Fall.
Die wichtige Frage z.B., unter welchen Bedingungen das Leben in einer Gesellschaft noch als würdig oder lebenswert empfunden wird, lässt sich wissenschaftlich nicht beantworten. Für eine solche Beurteilung bedarf es in einer freiheitlichen Demokratie eines breiten ergebnisoffenen Diskurses. Es kann nicht Aufgabe der Wissenschaft sein, dessen Ergebnis vorwegzunehmen.
Es ist allenfalls eine Hybris von Wissenschaftlern oder deren Organisationen zu glauben, dass es aus wissenschaftlicher Sicht notwendige und insofern alternativlose politische Maßnahmen geben kann, wie es in peinlicher Weise die Leopoldina in ihrer 7. Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie behauptet. Wer hier ruft "Follow the Science" hat die Aufgabe von Wissenschaft in unserer Gesellschaft nicht verstanden.